Montag, 17. September 2007

In Düsseldorf lebten wir damals in einem Altbau mit drei Etagen. Meine Eltern, mein Bruder und ich wohnten in der ersten Etage, meine Oma mit ihren zwei Schwestern in der dritten Etage, und in der zweiten Etage lebte Anfangs ein Herr Menzel mit einer Dame, die irgendwie seine Schwägerin war oder so, die Erwachsenen nannten sie "Schwester Lisbeth", glaube ich. Die beiden waren steinalt, aber die Lisbeth war, wie das so ist, noch fixer auf den Füßen als der Alte und hat dem Herrn Menzel den Haushalt geschmissen. Was bei Lisbeth allerdings nicht mehr so tadellos klappte, war das Gehör. Und so trug es sich zu, dass der Herr Menzel einmal spät abends die Wohnung verließ, nur im Unterhemd und in langer Unterhose, keiner weiß, warum, er wohl auch nicht, er wollte nur kurz in den Hausflur, und da fiel die Wohnungstür ins Schloß. Drinnen lag die Lisbeth und schlief den Schlaf der Gerechten, taub wie eine Nuß, und der Herr Menzel klopfte erst leise, dann laut, dann klingelte er, aber es half nichts, sie schlief. Und da tappte der arme Herr Menzel in seinen langen Unterhosen runter zu meinen Eltern, aber die waren nicht da, mein Bruder und ich auch nicht, also musste Herr Menzel rauf zu meiner Oma und ihren zwei Schwestern und die Damen aus dem Bett klingeln, weil ihm langsam wirklich kalt wurde. Die haben ihn dann gnädig aufgenommen, ob sie ihm einen Bademantel reichten, weiß ich nicht, aber das hoffe ich doch mal, einen richtig damenhaften von der Heta, das stelle ich mir sehr schön vor. Meinen Omas war das genau so peinlich wie dem Herrn Menzel, aber sie mussten später immer kichern, wenn sie erzählten, wie er vor ihrer Tür stand, ein Häuflein Elend, aber richtig zu gackern war nicht ihr Stil. Man bollerte dann auf der Zimmerdecke der harthörigen Lisbeth herum, ließ ausgiebig ihr Telefon klingeln. Irgendwie wurde der Herr Menzel erlöst, ich muss mal nachfragen, wie. Ich erinnere mich dunkel an eine Beschwerde der Lisbeth über die ungewohnte Geräuschkulisse.

Danach zogen dann die Lotzes ein, ein junges Paar, reizend, die irgendwann ein Kindlein bekamen. Auch in dieser Familie war ein Sinn abhanden gekommen, nämlich der Geruchssinn der Dame des Hauses. Unsere Geruchsnerven sind fragil und dünn, und sie hatte die ihren bei einem relativ unbedeutenden Unfall gelassen. Das war nicht nur tragisch für die Uli. Denn wenn sie auf Besuch war, und ihr 18 Monate alter Filius die Windeln vollgedröhnt hatte, dann roch sie das nicht. Im Gegensatz zu uns, die wir mal wieder zu gut erzogen waren. Wie ich darauf komme?

Eben wurde in der Glotze wieder Poison beworben, nach ca. 20 Jahren, der Nuttendiesel aus den 80ern, das Parfum, bei dem der Nomen Omen ist. Und da musste ich flüchtig an durchtrennte Geruchsnerven denken.

P.S.: In der Kemenate unter dem Dach mit Klo auf dem Flur lebte in grauen Vorzeiten eine alte Dame namens Grabowski, und später lernte ich das Kinderbuch über den blinden Maulwurf gleichen Namens kennen, und ich so dachte immer, dass Frau Grabowski das geschrieben hätte (ich war noch ziemlich klein), und empfand deshalb Ehrfurcht.

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