Sonntag, 21. Dezember 2008

It's magic Babe: Rouladenoma. 21

gefühlte Minuten stehe ich schon in der Warteschlange an der Fleischtheke, an einem milden Frühlingstag. Mit mir die jetzt Pubertierende, die damals etwa drei Jahre alt war. Die Schlange ist lang, denn am Kopf der Schlange trifft eine Oma wohlüberlegte Entscheidungen.
Da heißt es nicht: "Gebense ma hundertfuffzich Gramm Dauerwurst", nein, sie wählt jedes Stück liebevoll einzeln aus, und das dauert, und die Schlange barmt.
Jetzt ist sie dabei, einzelne Rouladenlappen zu erwählen.
"Gebense ma den da, ne nich den, nich den zerzuppelten, den daneben", so geht das, endlos. Nachdem sie den vierten oder fünften Rouladenlappen von einer stoischen Fleischereifachverkäuferin aus dem Berg hat heraussuchen lassen, kommt eine zweite Mitarbeiterin aus dem Off und bring einen Metallbehälter mit frischen Rouladenlappen aus der Metzgerei hinter den Kulissen.
Der Unterschied zwischen den neuen Rouladenlappen und denen, aus denen die Oma bisher auswählte, ist frappant:
Wo die alten lustlos in der Gegend herumliegen, leicht bläulich angelaufen sind, teilweise ins Bräunliche spielen, sind die neuen von strotzendem Rot, rufen kraftvoll ihre Botschaft vom deutschen Rind für deutsche Bürger. Das entgeht auch der Rouladenoma nicht. Sie stutzt und fragt die Fleischereifachverkäuferin:
"Wieso sind die denn hier so blau, und die da nicht?"
Die Schlange hält kollektiv den Atem an.
Die Fleischereifachverkäuferin, die in sich eine glückliche Mischung von Schlichtheit, Ehrlichkeit und Gemütsruhe vereint, antwortet:
"Das is wegen dem Sauerstoff, weil die hier schon älter sind und länger rumliegen."
Die Schlange will gerade kollketiv in Tränen ausbrechen, als wir bemerken, dass die Oma von so viel Offenheit geplättet ist. Es arbeitet sichtbar und schwer hinter ihrer Stirn, aber in dieser Zeit hat die Fleischereifachverkäuferin den Sack schon zu gemacht, bildlich und tatsächlich. Tüte zugeklebt, gewogen, Preisschild drauf und "Der Nächste" geflötet.
Und in diesem Augenblick passiert es:
Die jetzt Pubertierende, welche damals so klein und so blond, öffnet ihren Mund und singt laut und für alle vernehmlich:
"Jesus soll unser König sein, Hosianna, Amen."
Ich dachte, da sprechen Stimmen aus meinem Kind, das alles war leicht Twilight Zone, ich hab mich blitzschnell runtergebeugt und ihr den Mund zugehalten, damit die Leute nicht denken, wir wären Sektierer. Peinlich.
Später stellte sich raus, dass man im Kindergarten (katholisch) ein Singspiel einstudiert, weil Ostern vor der Tür steht, in dem Singspiel wird der Einzug Jesu nach Jerusalem dargestellt, und die damals nicht Pubertierende war offensichtlich eine Bürgerin Jerusalems, die Dritte von links in Sandalen sozusagen.
Besser als der Esel.
Trotzdem könnten die Erzieher einen mal vorwarnen, finde ich.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Schön ;-)

Anonym hat gesagt…

Herrlich,die kleine damals. der c aus e