Montag, 14. November 2011

Geht doch.

"Beispielhafte Integration"

Oer-Erkenschwick    Sozialpädagogin bezeichnet "Hotzenplotz"-Romane als vorbildhaft
Die Diplom-Sozialpädagogin, Heilpädagogin und Drama-Therapeutin Erdmute Schöller-Schnepfenhain, die in ihrer Freizeit ehrenamtlich Kurse für Frauen anbietet unter dem Thema "Trommeln für den Dialog", referierte in der Isodora-Duncan-Mehrzweckhalle in Oer-Erkenschwick zum Thema "Integration - Eine Träne für die Menschlichkeit" auch über uns allen geläufige Kinderbücher. Dabei attestierte sie der Kinderbuchreihe "Hotzenplotz" des Autors Otfried Preußler hohe Sensibilität im Umgang mit dem Thema Integration Randständiger.
"Die Art, in der aus dem Feind Hotzenplotz der Freund Hotzenplotz wird, ist zwingend", so Schöller-Schnepfenhain. "Der anfangs nicht sesshafte und illiterate Mitbürger Hotzenplotz, der sich mit kleinkriminellen Delikten über Wasser hält - wobei der Autor bewusst die Möglichkeit andeutet, dass Hotzenplotz' sämtliche Handlungen auch ein stummer Schrei nach Liebe sein könnten - wird im Laufe der Handlung in die Gesellschaft integriert. Die beiden Freunde Kasperl und Seppel, die sich rührend um "die" Großmutter kümmern (wessen Großmutter, meine, Deine, unser aller?), die - im Anfangsstadium der Demenz - offensichtlich sämtliche soziale Kontakte verloren hat, bemühen sich parallel um den Hotzenplotz, nehmen die Herausforderung seiner konfrontativen Art an, holen ihn da ab, wo er steht, ohne ihm bürgerlich-patriarchale Konventionen aufzwingen zu wollen. Entstehende Konflikte zwischen der Großmutter und Hotzenplotz, zwischen Alt und Neu, zwischen Wehrlosigkeit und Gewalt, erdmutterhaftem (Selbst)Vergessensein und viriler Präsenz werden von den beiden Protagonisten vorbildlich deeskaliert.
Das staatlich-autoritäre System, verkörpert in der Figur des hilflos-willkürlich agierenden Oberwachtmeisters Dimpfelmoser, versagt hier völlig; einzig die auratische, dem Esoterischen nahestehende Witwe Schlotterbeck, deren Kranksein am Normalen sich in ihrem Konsum an Zigarren und Likör äußert, ist trotz ihres fortgesetzten Substanzmissbrauchs in der Lage, den beiden allein gelassenen jungen Menschen zu helfen.
Auch die missbrauchte, gequälte Tierwelt findet Anwalt und Stimme im Krokodilshund Wasti, den Kasperl und Seppel befreien, indem sie ihm seine natürliche Würde wiederschenken. Eine fast prophetische Kritik an der Gen-Technologie, die man in solch erschütternder Radikalität wohl selten erleben durfte.
Ich kann nur sagen, Bravo und Danke! Mehr solche Courage! Mehr solcher Bücher für unsere Jugend!"
Mit diesem flammenden Appell endete ein fesselnder Vortragsabend, der so manche(n) ZuhörerIn noch lange beschäftigen dürfte.

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