Mittwoch, 6. März 2013

Simson hat einen Kavalier.
Der Kavalier hat Eltern. Und ein Problem.
Denn der Kavalier hat auch ein Zeugnis, das bekam er letztens.
Und jetzt hat der Kavalier so ziemlich jedes disziplinarische Donnerwetter auf sein Haupt geladen, das erboste Eltern überhaupt ersinnen können, es hagelte Verbote. Unter anderem - natürlich - den guten alten Hausarrest.
Ich bin sicher, dass Eltern zu diesem ganzen Unsinn einzig deshalb greifen, weil sie ihr Kind eigentlich fördern wollen. Denn alle wissen schließlich: Diese ganzen Verbote führen nur zu Maßnahmen kinderseits zum Behelf der Leidensdruckminderung. Sie machen ungeheuer kreativ.
Heute jedenfalls hatten Simson und Kavalier schulfrei, die Lehrer bildeten sich mal wieder fort. 
Da lag es nahe, dass Kavalier heute früh um sieben seinen Ranzen schnürte und das Haus verließ, um zur Schule zu gehen.
Verbracht hat er dann den Tag hier, was mir nicht klar war, denn Simson weihte mich in diese Ränke nicht ein.
Als ich von der Arbeit kam, war Kavalier schon wieder fort.
Warum ich das erzähle?
Nun.
Die Barfüßige Gräfin kam mir bei meiner Heimkehr entgegen und informierte mich über den unverhofften Besuch.
Und dass sie den beiden, Simson und Kavalier, etwas zu Mittag gemacht habe.
Auf dem Küchentisch standen eine Schüssel Spaghetti Bolognese und eine Schüssel Salat.
Exakt das, was ich den beiden auch gemacht hätte, in den gleichen Schüsseln.
Jetzt sitzen Simson und die Barfüßige Gräfin auf dem Balkon und lassen sich die Sonne auf den Pelz brennen und spielen Karten.
Heimatlich, dies, sehr.
Und jetzt muss ich mich mal ganz ernsthaft damit beschäftigen, wie das denn wohl sei, wenn die erste geht. Das erste Kind, die Tochter.
Die Barfüßige macht jetzt Abi. Sie macht ihren Führerschein. Sie hat Fernweh.
Sie ist bald fort.
Ich fürchte, dass sie Lücken hinterlassen wird, eher Krater wohl.
Frag ich mich ernsthaft, wie ich das Café, in dem sie und die ihren seit zwei Jahren hocken und sich für Stunden an einer Tasse schwarzen Kaffees für 1,80 Euro festhalten, an einem Buch und einer Selbstgedrehten, Stunden, ohne dass der Besitzer auch nur mit der Wimper zuckte, wie ich dieses Café nochmal sehen kann, wenn sie fort ist, ohne, dass mein Herz ziemlich schwer wird.
Wie ich jemals wieder an der definitiv abgerissensten Kneipe unseres Städtchens vorübergehen kann, einer Kneipe, die von 12:00 Uhr bis 16:00 Uhr ein Pils und einen Korn für einen Euro anbietet, Herrengedeck, in der geraucht werden darf und in der die Barfüßige und die ihren so manchen späteren Abend verbringen, wie ich diesen stinkenden Schlauch, bestehend aus Tresen und einer einzigen Bank, bevölkert von Menschen, die man im alltäglichen Leben eher selten zu Gesicht bekommt, wie ich diese Kaschemme jemals wieder im Vorüberhasten sehen kann, ohne an der Barfüßigen Imitationen des verschrobensten Stammgastes Hugo zu denken? Hugos Geste, die er vollführt, wenn er eine schöne Frau sieht? Eine Geste, die ich hier mal lieber nicht beschreibe, welche die Barfüßige Gräfin aber beeindruckend nachzuahmen weiß?
Wie noch einmal dieses Theater sehen, die wahre Heimat der Barfüßigen, dieses schöne Gebäude im Park, Heimat seit sechs Jahren? Wahre Heimat und wirkliche Schule, wo sie sich schleifen ließ, wo sie sich so sehr begeistern ließ, wo sie so viel lernte?
Mann, mann, mann...
Da denkt eine aber wirklich nicht dran, wenn sie Kinder bekommt.
Dass die innere Landkarte irgendwann einige schmerzliche Flecken bekommen wird.

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