Dienstag, 20. Mai 2014

Kalte Dusche

Gespräch heute, mit der Mathelehrerin des Himmelblauen. Es treten an: Der Vater des Himmelblauen, der Himmelblaue und ich. Ein wichtiges Gespräch, es geht darum, dem Himmelblauen einen anderen Schulabschluss zu ermöglichen. Wir sind nicht so aufgeregt, wie es sich anhören mag, denn es fanden Vorgespräche statt, mit dem Klassenlehrer. Der sagte, dass er dem Himmelblauen das durchaus zutraue, wir sollten halt mit der Mathelehrerin sprechen, da sie gerade am Hebel säße, ihr Daumen entscheide über den luftigen Gladiator. Aber er, der Klassenlehrer, sei für das Upgrade des Himmelblauen und er würde die Mathedame bei der Zeugniskonferenz definitiv unterstützen. 
Er sprach gestern noch mit der Lady, wir also heute hin, sitzen da, plädieren, und sie sagt: Nein.
Die Begründung des "Nein" war durchaus nicht von der Hand zu weisen: Der Himmelblaue sei ein Saisonarbeiter, der durch seine Phasen akademischen Winterschlafs große Lücken aufweise, und ihre Zweifel seien zu stark. Wir könnten das Upgrade natürlich beantragen, aber...
So weit, so schlecht.
Wir haben einigermaßen blöd aus der Wäsche geschaut, weil der Klassenlehrer zuversichtlicher geklungen hatte. Hatten das Meeting eher als eine Verabredung auf die folgenden ToDos verstanden. 
Gut.
Schenken wir, dass sie mit der Einschätzung der Leistungsbereitschaft des Himmelblauen richtig lag.
Schenken wir, dass sie sich vielleicht diese kalte Dusche gönnte, weil der Himmelblaue in der Vergangenheit mit seiner Art so manche Lehrerin an den Rand ihrer Existenz gebracht hat (männliche Lehrer seltsamerweise nicht, aber die sind rar).
Schenken wir, dass er jederzeit woanders den Schulabschluss machen kann, den er wünscht, wenn er das denn möchte.
Schenken wir, dass das vielleicht genau die kalte Dusche war, die der Himmelblaue brauchte, um aufzuwachen und zu merken, dass seine Strategie, alles auf den letzten Drücker zu erledigen und auf seinen guten, alten Kumpel deus ex machina zu vertrauen (der ihm leider schon häufiger half), eine unzuverlässige ist.
Aber.
Der Himmelblaue hatte sich entschlossen, diesen Schulabschluss zu wollen und zu schaffen. Zu spät, durchaus. Vor diesem Zeitpunkt wurde er seit längerem gewarnt.
Aber.
Er hatte es beschlossen und da einiges investiert, auch Wünsche und Träume, und als die kalte Dusche kam, begab es sich, dass er das eine Ding machte.
Das Ding, das er macht, wenn er brüskiert wird.
Er lächelt dann, oder er denkt, dass er lächelt. Er zieht die Mundwinkel nach oben und öffnet leicht die Lippen. Sein Körper versteift sich etwas, der Rücken wird etwas gerader, der Nacken etwas steifer, und dann röten sich seine Augen.
Keine Tränen.
Nur dieses starre Lächeln, gerötete Augen, schnelleres Schlucken, und der steife Körper.
Und ich daneben.
Dann darf man ihn nicht weich angehen, weil das seine Façon nachhaltig gefährden würde.
Und deshalb, Mathelady, bei aller Pädagogik: Heute hast Du Dir keine Freundin gemacht. Möge mein Kopf anerkennen, dass Deine Argumentation schlüssig war. Möge die Zicke in mir noch ein paar Wochen grollen, dass Du dieses Treffen zuließest, wenn Du ohnehin wusstest, dass das nichts würde.
Aber für dieses Nichtlächeln meines Sohnes, diesen steifen Rücken, diese roten Augen, diese Brüskierung und seine darauffolgende Hilflosigkeit solltest Du Dir bei Deiner nächsten Panne auf einer einsamen Landstraße, mitten im Dezember, lieber eine andere Vorbeikommende aussuchen als mich, denn ich werde garantiert an Dir vorbeifahren. 
Bin ich schon im Voraus nicht stolz drauf, ist aber so.
Den Himmelblauen hab ich vor der Schule einmal in den Arm genommen und fest gedrückt. Er war noch immer etwas fragil.
Wenn der Himmelblaue und Simson aus der Schule sind, stifte ich einen Dom. Dann haben sich meine drei Kinder da durchgewürgt. Das ist nichts für schwache Gemüter.


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