Dienstag, 29. März 2016

Am Strand sagst Du: "Wenn Du einen Stein mit einem Loch drin findest, dann darfst Du Dir was wünschen." Ich schaue auf, sehe Deine Augen. Sie strahlen, spiegeln das Licht und das Blau und die endlose Freiheit. Ich hatte schon viele Steine gesehen, einer hatte auch ein Loch gehabt. Schnell wünsche ich mir etwas hinterher, ein P.S.-Wunsch quasi. Als er abgeschickt ist, fällt mir auf, dass er missverständlich formuliert war. Ich beschließe trotzdem, es dabei zu belassen und auf den nächsten Stein zu warten. Kein Verhandeln mit dem Schicksal, lieber nicht.
"Aber nur ein richtiges Loch," sagst Du, "ganz durch." Auch das noch. 
Ich zeigte Dir meine Nordsee, jetzt zeigst Du mir Deine Ostsee. Also Steine suchen anstatt Muscheln. 
Es gibt so viele Steine, man muss sich entscheiden, sie wiegen mehr als Muscheln. Es gibt kleine, glänzende, tiefschwarze Steine. Große, außen unspektakulär, aber an der Bruchstelle offenbaren sie zarte Pastelltöne, ein Blick in undenkbar alte Zeiten. Wie lange liegen die hier schon, wie lange gibt es die schon? Ist es möglich, dass diese Steine keine Seele haben? Für mich nicht. Dafür sind sie zu alt und zu schön, um keine Seele zu haben. Zu einzigartig. Zu würdevoll. Kann ich sie einfach mitnehmen, hier rausreißen? Ich sammle zunehmend beklommener, dann lasse ich es ganz. 
Mitnehmen kann ich es ohnehin nicht, und halten kann ich es nicht, dieses ganze Glück.
Aber darin sein, das geht.
Aufnehmen. Die ganzen weichen Rundungen, die der Steine, die der sanften Dünung, die des ausgewaschenen, hellen Holzes, das überall liegt. Weiche, stille, würdevolle Schönheit. Ich stelle die Blende größtmöglich ein, halte jetzt nur noch Blicke fest, keine Dinge mehr. Bilde eine kleine Stelle scharf ab, der Rest verschwimmt in sinnlicher Weichheit.
Komme zurück zu Deinen Augen, beschirmt von einer Kapuze, nah. Höre den Wind.
Das ist Glück.
Kommt mein Wunsch an, irgendwie, dann bleibt es noch etwas Glück. 


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