Mittwoch, 6. Oktober 2021

Das Titelbild dieses Blogs zeigt einen kleinen Ausschnitt eines Raums in der Wohnung, in der ich - mit wechselnden Menschen - seit 2004 lebe.

Auf dem Bild sieht man links im Vordergrund einen Teil unserer damaligen Couch, darauf eine Wolldecke und eine Lichterkette, dahinter ein grüner Vorhang. Im rechten Teil des Bildes geht der Blick durch eine leicht geöffnete Balkontür hinaus in den Sonnenschein, streift eine Topfpflanze, ganz hinten dann die weiße Fassade des Hauses gegenüber.

Die Couch gibt es schon lange nicht mehr, auch nicht die Wolldecke oder die Lichterkette mit den Filzblüten; vergängliche Gegenstände in einem Haushalt mit bis zu vier Kindern und diversen Haustieren. Der grüne Vorhang hängt jetzt in der Wohnung des Himmelblauen. Auch die Pflanze gibt es nicht mehr, ich kann keine Topfpflanzen. In der Topfpflanzenwelt bedeutet mein Name in unsere Sprache übersetzt vermutlich so etwas wie "Die, welche das ganz große Unheil bringt". 

Der Raum, in dem ich das Foto vor ungefähr 13 Jahren machte, war ursprünglich ein Schlafzimmer  gewesen, dann Wohnzimmer, dann wurde er ein Arbeitszimmer, dann wieder Schlafzimmer, dann wieder Wohnzimmer mit Handarbeitstisch, jetzt dient er als Esszimmer. Mal war der Durchgang zum 2. - größeren - Wohnzimmer offen, mal war er zu.

Wir haben anfangs zu viert in dieser Wohnung gelebt, dann zu fünft, dann waren wir zu sechst, und dann, ab 2012, war es etwas wie im Lied der Zehn kleinen Jägermeister, wir zählten runter, vier, drei (2014), zwei und eins (2021). 

Das Foto zeigt den Raum seitenverkehrt, denn ich habe das Abbild des Raums vom Sucher einer Mittelformatkamera abfotografiert. Eines dieser ollen Dinger, wo man oben reinguckt, und die bilden das Motiv eben seitenverkehrt ab. Ich mochte die Kamera sehr, ihre Sucherscheibe hatte keine Hilfsmarkierungen, man sah nur  dieses etwas verfremdete Bild, mit einem Wahnsinnsbokeh und viel Zartheit. Ein Quadrat aus schönstem Licht. Damals entschied ich mich für dieses Bild, als ich ein Titelbild suchte, denn ich fand, dass seine Wärme und seine Weichheit, seine Freundlichkeit und Weltfremdheit gut das spiegelten, wie ich meine Familie empfand, meine wundervolle Familie, die immer wächst, aber nie kleiner wird.

Im November sind es 17 Jahre, die wir diese Wohnung mit Leben füllen. Die Zeiten waren bunt, trubelig, streckenweise anarchisch. Sie wirbelten uns durch Elternsprechtage, Begrüßungsgottesdienste, Abschiedsgottesdienste, Museen, Notaufnahmen, Theateraufführungen, Lehrerzimmer, Martinsumzüge, Kindergeburtstage, Städtetrips, Musikschulen, Aufwachräume, Flohmärkte, Zoos, Polizeiwachen,  Mittelaltermärkte, Schwimmbäder, Spielplätze, Basare, Vorsprechen, Partys, Tierfriedhöfe, Tanzschulen, Nordseestrände, Pommesbuden, und 100 andere Orte.

Es waren wirklich gute Zeiten.

Sie sind es noch. Aber es sind andere Zeiten. 

Ein seitenverkehrtes Bild, das lauter Dinge abbildet, die längst versunken sind im Dunkel.

Und was kommt jetzt?

Jetzt kommt etwas neues.

In zwei Tagen zieht die Lässige hier ein, besser gesagt, ziehen wir hier zusammen, ich wohne nur schon etwas länger hier, bin quasi schon einmal vorgezogen.

Sie sind noch da, die Barfüßige Gräfin, Der Himmelblaue und Simson, das Walterchen und viele liebe andere. Sie haben spannende Leben, spannende Freunde, spannende Geschichten. Sie sind uns sehr verbunden, und wir sind es ihnen. Ich denke, da geht noch was.

Ich muss jetzt das Haus bestellen, für die Lässige. Die zieht nicht überall ein, die Lässige. Da mir aber sehr daran liegt, dass sie hier einzieht, mit ihrem Humor, ihrer Gelassenheit und Kreativität und ihrer 100%igen Garantie für gelingenden Hefeteig, spute ich mich.

Wir melden uns. 

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